Achtung!!! - Genetik der Fellfarben verständlich erklärt.
Hier könnt Ihr Genetik der Fellfarben bei Meerschweinchen downloaden!
Angewandte Genetik: Wie züchte ich zum Beispiel genetisch reine Schildpatt-weiß - Tiere?
Meine persönlichen Erfahrungen und Tipps für die Zucht von Meerschweinchen in Schildpatt mit weiß!
Was genau ist eigentlich ein Meerschweinchen in "Schildpatt mit weiß"? - Laut Rassestandard des MFD ist dies ein Tier mit prozentual etwa gleichgroßen Anteilen der Vollfarben schwarz und rot sowie weiß mit deutlich abgetrennten Farbfeldern, welche möglichst wie ein Schachbrettmuster über die beiden Körperhälften verteilt sein sollten. Dabei sollten die Farbfelder durch eine gedachte Längslinie über Rücken- und Bauchseite deutlich voneinander getrennt sein. Auf der linken Seite sollen also zum Beispiel ein schwarzes, ein rotes, ein weißes und wieder ein schwarzes Farbfeld und als Pendant auf der rechten Seite zum Beispiel ein rotes, ein weißes, ein schwarzes und wieder ein rotes Feld vorhanden sein. Tiere, welche über keine Vollfarben verfügen, wie zum Beispiel buff, safran, gold oder creme statt rot, sowie schoko, lilac, beige und die nicht anerkannte Farbe sepia (Aufhellung von schwarz), stellen hierbei keine Schildpatts dar!
Aber leider scheint es solche vollfarbigen Schildpatt-Tiere hier in Deutschland nur bei den Kurzhaarrassen, insbesondere bei den US-Teddys, zu geben, denn bei den langhaarigen, im speziellen bei den Rassen Texel und Merino, welche ich in Vollfarbe züchte, sind schildpatt-weiße, und damit meine ich genetisch reine schildpatt-weiße(!) Tiere, nirgendwo zu finden! Auf keiner Ausstellung und bei keinem Züchter konnte ich bisher eines entdecken! Aber vielleicht gibt es ja irgendwo hier in Deutschland doch ein paar genetisch reine Schildpatts oder Schildpatt-weiß-Schweinchen der Rassen Texel und Merino versteckt in irgend einer Zucht?
Das höchste der Gefühle sind allerdings dann ab und zu sogenannte und vom Rassestandard leider nicht als solche bezeichneten "Schildpattträger". Dies wären also Tiere, welche das eigentliche, Schildpatt erzeugende Gen "ep" zwar in sich tragen, wo aber das Schwarzzeichnungs-Gen "E" dominiert (d. h., das Tier ist fast vollständig schwarz und zeigt nur sehr, sehr wenig rot, meist nur ein paar wenige Haare) oder das Rotzeichnungs-Gen "e" mit von der Partie ist und diese Tiere dementsprechend wesentlich mehr rot als schwarz äußerlich zeigen. Schildpatt- oder auch Schildpatt-weiß-Meerschweinchen, so wie sie der Rassestandard des MFD vorschreibt (wohlgemerkt bei den Langhaarrassen hier in Deutschland!), sind auf Ausstellungen oder bei den Züchtern meistens durch "schwarz-rot" oder "schwarz-rot-weiß" zu nennende Tiere präsent, was im Endeffekt allerdings bedeutet, dass es sich hierbei um Schweinchen handelt, die eigentlich immer viel zu viel schwarz oder manchmal auch viel zu viel rot im Fell zeigen, von der Scheckungsfarbe "weiß" einmal ganz abgesehen, und das Ganze meistens noch durch eine mehr als 50%-ige Weißscheckung kaschiert wird!
Woher kommt das aber? Wie züchte ich nun wirkliche, genetisch reine Schildpatt-weiß-Meerschweinchen?
Um diese schwierigen Fragen beantworten zu können, haben wir uns, also ich und ganz besonders mein Lebenspartner, in der Farbgenetik kundig gemacht, haben alle möglichen Veröffentlichungen über dieses Thema studiert und befinden uns nun endlich, nach vielen, scheinbar aussichtslosen Jahren und Zuchtversuchen mit Tieren dieses Farbschlages, wie es scheint auf dem richtigen Weg. Viele namhafte Züchter des MFD haben uns nämlich im Laufe der Jahre, natürlich
und verständlicherweise in absoluter Unkenntnis in der Farbgenetik, Tiere in Schildpatt-weiß zum Kauf angeboten, wo sich im nachhinein dann leider herausstellte, dass diese irgendwann einmal aus rein schwarzen und rein roten Linien gezüchtet worden sind, daher keine
genetisch reinen Schildpatts oder Schildpatt-weißen sind und dementsprechend auch nie
genetisch reine Schildpatt-Nachkommen haben werden! Denn zur Züchtung genetisch
reiner, und ich wiederhole nochmals: "genetisch reiner" Schildpatts ist immer das Gen "ep" notwendig! Ohne dieses Gen wird aus einem schwarz-rot-weißen Schweinchen nämlich nie ein genetisch
reines Schildpatt-weißes! Diese, ich sage immer "falschen" Schildpatts, oder Schildpatt-weißen
Tiere, wenn man so will, besitzen üblicherweise die Gen-Kombination "Ee" (steht
für viel schwarz mit wenig rot und nicht, wie früher und auch heute noch teilweise
bei Genetik-Erklärungen angegeben, für nur schwarz, welches in rote und schwarze
Tiere aufspalten kann!) und müssten genetisch gesehen als schwarz-rote (oder schwarz-rot-weiße,
falls Weißscheckung vorhanden ist) auf Stammbäumen geführt werden, um dem dieses Schweinchen erwerbenden Züchter zu zeigen, dass man mit diesem Tier kein genetisch reines Schildpatt (oder Schildpatt-weiß) züchten kann, ohne vorher den
einen oder anderen entsprechenden Träger eines "ep"-Gens einzukreuzen.
Nun der eigentliche Tipp von mir:
Zur Zucht, genetisch gesehen, reiner Schildpatts eignen sich am besten Tiere mit den Gen-Paaren "epe", also Schweinchen mit wesentlich mehr rot als schwarz im Fell. Die Farbe "weiß" lassen wir jetzt am besten erst einmal außen vor. Wer aber partout nicht auf das Weiß bei der Zucht verzichten möchte, dem sei hier folgendes mit auf den Weg gegeben:
Die Farbe "Weiß" verhält sich sozusagen wie ein weißer Deckmantel, wie eine "weiße
Weste", die sich ein schwarz-rotes Schweinchen bei der Entstehung überstreift. Dieses "Weiß" aus der Weißscheckung (nicht das Weiß,
welches von den Verdünnungsfaktoren aus der C-Reihe herstammt!) hat nämlich die dumme, aber bei Schildpatt-weiß ja erwünschte Angewohnheit, sich auf bestimmte Farbfelder drauf zu legen, verdeckt also oftmals ein bestimmtes schwarzes oder rotes Farbfeld. Wenn dies passiert, hat man nämlich äußerlich zum
Beispiel ein schwarz-weißes Tier, obwohl es, wiederum genetisch gesehen und
richtigerweise, eigentlich ein schwarz-rot-weißes Tier ist oder man erhält ein völlig rot-weißes, obwohl es vielleicht
eigentlich den Genen nach ein schwarz-rot weißes Tier ist, bei dem sich das Weiß komplett auf das schwarze Feld gelegt hat.
Um diese Unsicherheiten, die erst durch Verpaarungen mit anderen Schecken oder auch einfarbigen Tieren ersichtlich werden, sicherheitshalber
auszuklammern, empfehle ich deshalb allen interessierten Züchtern, erst einmal mit normalen Schildpatts zu beginnen. Die Farbe "Weiß" kann ja später noch hinzu gezüchtet werden.
Ich beginne also mit zwei Tieren, welche das Gen-Paar "epe" besitzen (erkenntlich an dem gegenüber Schwarz deutlich stärker vorhandenem Rot!) und bekomme dadurch in der ersten Generation bereits 25% Nachkommen der Farbe "Schildpatt", 50% Nachkommen der Farbe "Schildpatt" mit eindeutig zu viel "rot" im Fell (wie ihre Eltern) und 25% Nachkommen
nur mit der Farbe "rot". Doch genau diese Art der Verpaarung wird seltsamerweise und für mich relativ unverständlich von Züchtern angewandt, die daraus einfarbig "rote" Tiere züchten wollen und die die 50% Schildpatt mit zu viel rot als "Ausschuss" aus der Zucht heraus nehmen und verkaufen.
Den selben Effekt, um rote Tiere zu züchten, würde man aber
auch erlangen, wenn man Tiere mit den Gen-Paaren "Ee" verpaart, erkenntlich an dem viel zu vielen "schwarz" im Fell (auf Ausstellungen meist als "Schildpatt" angepriesen und noch dazu mit Pokalen bedacht,
weil ja nach äußerlichem Erscheinungsbild und nicht nach den Genen gerichtet
wird! - ich spreche da aus eigener Erfahrung), nur dass bei dieser Verpaarung
auch 25% schwarze Tiere fallen können.
Nachdem ich nun also ein Schweinchen mit den Gen-Paaren "epep" heraus selektiert habe (erkenntlich an der etwa
gleichmäßig schwarz-roten Farbverteilung), was dann vielleicht zufällig auch keine Brindelung zeigt
(denn "epep" ist nicht nur für Schildpatt, sondern auch für Brindle-
und Japaner-Färbung zuständig!), kann ich damit beginnen, Tiere mit Weißscheckung in diese Linie hinein zu kreuzen. Dabei sollte man jedoch darauf achten, dass diese weiß gescheckten, hinein gekreuzten Schweinchen wirklich noch mehr rot als schwarz im Rest des Fells besitzen, da man sich sonst ja wieder seine mühevoll gezogene Schildpatt-Linie durch eventuelles Einkreuzen von "Ee"-Tieren zerstört. - Ihr seht, es ist also wirklich nicht einfach, ein
genetisch reines und nicht nur äußerlich feines ("Show-verteiltes")
Schweinchen zu züchten!
So, nun wünsche ich aber allen Liebhabern (und natürlich auch Züchtern!) der gleichmäßig dreifarbigen Schildpatts viel Erfolg beim Züchten ihres "Traumschweinchens"!
Eure Annett
Hier
mal ein paar Bilder von meinen Verpaarungen und meinem "Traumschweinchen"!
Eltern:
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Dixi Verpaart mit Justin
bei
4 Jungen könnten dann fallen:
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Mein
"Traumschweinchen": Tochter Stacy in Vollfarbe, Schildpatt-weiß,
hat, wie man gut erkennen kann, am Bauch ein schönes Schachbrettmuster.
Sollte jemand noch Fragen haben, bin ich gerne bereit sie zu beantworten.